Wie es im Jahr 2020 eben so ist: Die Saison vorzeitig beendet, die Höhepunkte abgesagt, erstmal keine Turniere in der Zukunft. Grund genug, um auf die Vergangenheit zu schauen. Diesen Blick kann man als Einträchtler auch gut und gerne werfen, denn die Hildesheimer Fechter waren Erfolgreich wie lange nicht. Dies ist vor allem an den Niedersächsischen Rangliste zu erkennen, die die Ergebnisse der unvollständigen Saison zusammenfasst: Satte 24 Top-10-Platzierungen erreichte die Eintracht im Florett, 11 davon in den Top 5. Mit Louisa Sölter konnte eine Fechterin gleich in zwei Wertungen den ersten Platz belegen, dazu kommen zwei zweite Plätze durch Noah Gollnick sowie jeweils Platz 2 und 3 durch Zoe Licata (alle 3 Fechter jeweils in der U20 und den Senioren). Damit stellen die Fechterinnen und Fechter der Eintracht knapp ein Viertel der Top-10-Plätze in Niedersachsen, das sind mehr als die zwei direkten Verfolger zusammen aufbringen können (SV Alfeld mit 11 Platzierungen sowie der FK Hannover mit 10). Wenn man nun zusätzlich noch bedenkt, dass bei den Nachbarn aus dem Süden des Landkreises gleich 5 Platzierungen auf das Konto von Fechtern gehen, die regelmäßig in Hildesheim mittrainieren, ist über die Arbeit von Trainer Piotr Jablkowski eigentlich alles gesagt.
Auf Landesebene sind das Highlight der Saison stets die Niedersächsischen Meisterschaften. Durch den jeweils ungewöhnlich frühen Termin fanden diese größtenteils statt: Die Senioren waren im Dezember in Braunschweig gefragt, die meisten Jugendklassen kamen im Januar in Giforn zum Zug. Besonders bitter: Die U17-Landesmeisterschaft, die nicht ausgetragen wurde, war für die Eintracht nicht nur aufgrund der vielen hochtalentierten Fechter vielversprechend, sondern auch, weil es ein Heimevent gewesen wäre. Doch das Turnier wurde in Absprachen mit dem FVN kurzfristig abgeblasen – eine Woche vor dem Lockdown.
In Braunschweig führte kein Weg an den Einträchtlern vorbei: drei der vier vergebenen Floretttitel gingen nach Hildesheim (Ein Einzel- und zwei Mannschaftstitel), dazu kommen zwei Bronzemedaillen im Florett und zwei Silbermedaillen im Degen (Jeweils Einzel und Mannschaft). Besonders stach Louisa Sölter hervor. Die zu diesem Zeitpunkt 19-Jährige konnte, nachdem sie bereits in den zwei Jahren zuvor nahe dran war, ihren ersten Landesmeistertitel bei den Senioren an die Innerste holen. Damit krönte sie eine Souveräne Saison und schürte eine Menge Hoffnung, dass dieser Titel nicht ihr letzter sein wird.
In Gifhorn waren nun die U20, die U15 und die U13 am Start. Auch in der Jugend, wo naturgemäß häufiger kleinere Vereine mit einzelnen Athleten das Feld aufmischen können, gab es Erfolge zu feiern: So schaffte Juliane Oppenländer einen besonderen Coup. Die zu desem Zeitpunkt erst 16-Jährige konnte den beiden großen Titelfavoritinnen Sölter und Licata ein Schnippchen schlagen und sich den Titel der U20 holen. Sie überwand Sölter im Halbfinale dramatisch (15:14) und Licata kontrolliert (15:10), sodass sie diese auf die Plätze 2 und 3 verwies. Doch das waren nicht alle Medaillen, die zu vergeben waren: Laura John konnte sich in einem ungefährdeten Viertelfinale mit 15:8 gegen Maja Acalski (MTV Braunschweig) durchsetzen und sich die Bronzemedaille der U15 sichern. Julius Aust lies seinem Halbfinalgegner Viggo Kamp (VfL Wolfsburg) mit einem 10:2-Sieg nicht den Hauch einer Chance und ergatterte die Silbermedaille der U13. Weitere Medaillen wären in der U17 wohl noch gefolgt. Die U20-Meisterin Juliane Oppenländer wäre vor heimischem Publikum wohl die absolute Topfavoritin auf den U17-Titel gewesen. Und auch die Herren hätten wohl Medaillenchancen gehabt, stellen sie doch gleich fünf der zehn besten Athleten im Feld.
Die Landesmeisterschaften zeigten vor allem, dass bei der Eintracht Mannschaftsgeist groß geschrieben wird: vier der acht vergebenen Mannschaftstitel in Niedersächsischen Florett gingen an die Equipe von Piotr Jablkowski (Senioren Herren und Damen, U20 Damen, U15 Damen in Startgemeinschaft mit Blau-Weiß Buchholz). Dazu kamen zwei Vizetitel (U13 Herren und Senioren im Herrendegen). Damit schaftten es alle angetretenen Mannschaften mit Ausnahme der U15-Herren ins Finale (Startgemeinschaft mit Frisia Wilhelmshaven, Platz 3). Auch hier wäre in der U17 noch einiges drin gewesen, so war die Damenmannschaft mit Oppenländer und den beiden jungen, aber hochtalentierten Laura John und Katharina Bosch definitv ein Titelkandidat. Bei den Herren hätten sogar gleich zwei Mannschaften mit realistischen Medaillenchancen gebildet werden können.
Dass der Pokal nicht nur im Fußball seine eigenen Gesetze hat, zeigten die Einträchtler Herren gleich in doppelter Weise, je einmal in beiden Rollen des Pokalfights: Während die Florettherren sich ersatzgeschwächt in der ersten Runde des Deutschlandpokals als Favorit dem Blau-Weiß Buchholz beugen mussten, konnten die Degenherren das Derby gegen den TK Hannover bis zum Schluss spannend halten und durch einen geschickten Taktischen Kniff vom Trainer Jablkowski, der sich für diesen Abend sogar selbst in den Fechtanzug begab, völlig überraschend gewinnen und die Pokalsaison der Hauptstädter ein paar Runden früher als geplant zuende bringen. In Runde zwei war gegen den MTV Braunschweig allerdings kein Kraut gewachsen. Die Florettdamen waren gewohnt souverän, konnten allerdings nicht ihren sensationellen Erfolg vom Vorjahr wiederholen, in dem man unter die besten 16 Teams Deutschlands kommen konnte. Wieder war der PSV Weimar eine Nummer zu groß, diesmal allerdings eine Runde früher als 2019.
Alles in allem kann man trotz der widrigen Umstände von einer überaus erfolgreichen Saison sprechen. Die Equipe von Piotr Jablkowski konnte viele Medaillen und Topplatzierungen erreichen. Leider fehlt dieses Jahr das große Highlight: Die Deutschen Meisterschaften wurden ebenfalls abgesagt, einen Nachholtermin wird es nur für die Senioren geben, nicht aber für die Jugend. Doch die Jahresbilanz 2020 stimmt zuversichtlich, dass sich 2021 wieder viele Hildesheimer Fechter qualifizieren werden und die Eintracht in der nächsten Saison eine feste Größe in Norddeutschland bleibt. Wir freuen uns darauf!
Noah Gollnick